Kultur in der BürgerScheune
Do, 16.08.2018 um 20:00 Uhr
Otmar Traber
Kabarett
"Burnout im Paradies"
Gleich drei urkomische und doch irgendwie lebensechte Charaktere hatte der Kabarettist Otmar Traber zu seinem zweiten Besuch in der trotz Sommerhitze prall gefüllten Gottenheimer Bürgerscheune mitgebracht. "Burnout im Paradies" hieß das Programm, das beim Publikum für zahlreiche Lacher sorgte, den Gästen aber auch immer wieder mal mit "Geschichten aus dem prallen Leben" den Spiegel vorhielt.
Urs Hütterli, ein Nervenarzt für die reichere Klientel aus der Schweiz, Albert Trott, ein übergewichtiger Alt-68er mit Faible für Rotwein, der nun für eine Revolution der Alten kämpft, sowie der sprichwörtliche kleine Mann und Spießbürger Gottlob, dem die Frau vermutlich viel zu spät davon gelaufen ist und der sich nur unwillig an seine wilden Jahre in einer Kommune erinnert – gleich dreimal erfindet sich Otmar Traber in seinem Programm neu. Und der 1954 in Kippenheim geborene studierte Theologe und Pädagoge, den das Leben ins Schwäbische verschlagen hat, scheint seine Figuren nicht nur zu spielen, sondern mit seinem zotteligen Haar, dem speckigen Hemd und den Sandalen samt Socken auch regelrecht zu verkörpern. Und er gibt freimütig zu: "Ich bin von Haus aus katholischer Theologe – um das zu überleben, mache ich Kabarett".

Eine "Bio-Power-Resilienz"-Übung empfiehlt Doktor Hütterli als Burnout-Therapie dem Patienten Müller. Dieser arbeitet als Manager bei einem großen Autozulieferer und ist damit ein Premiumkunde in seiner Klinik. Aber sonst brauche sich Müller keine Sorgen um seine Karriere zu machen, denn "ein Burnout ist ein Qualitätsmerkmal für den Weg nach oben". Einen simplen Herzinfarkt könne ja auch jeder beliebige Hartz-4-Empfänger bekommen.

Was aber Müller noch fehle, sei eine Scheidung. Nur so zeige er, dass er auch Konflikte austragen könne. Und Müller lerne so, positiv zu denken, meint Hütterli. Schließlich "waren es 15 schöne Jahre mit ihrer Marlene". Seine Klinik biete spezielle Trennungspakete mit Unterstützung durch osteuropäische Hostessen an. Für eine echte Französin sei Müller noch nicht hoch genug auf der Karriereleiter vorangekommen. Burnout hingegen sei keine Krankheit, sondern ein wichtiger Softskill, ist der Nervenarzt überzeugt, denn "nur, wer ausgebrannt ist, hat überhaupt schon mal für eine Sache gebrannt". Burnout sei nur ein kleiner Stolperer auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft.

Sicher einmal ausgebrannt war Albert Trott, laut Otmar Traber "eine Synthese aus Che Guevara und Winfried Kretschmann". Nun lebe er offensiv seinen Ruhestand, meint Trott, er genieße unzählige Wellnessangebote und mache billige Wochenendtrips mit Ryanair. Nicht zuletzt auch, um viel Kerosin über der Welt abzuspritzen. In seiner 68er Zeit sei man eher auf Krawall gebürstet gewesen, erinnert sich Trott, damals habe es noch kein "Chillen" gegeben. Und heute? Da besuchten 18-Jährige einen Benimmkurs. Grund genug, sich nun gegen die Kinder aufzulehnen und "unsere Falten, das Übergewicht und das eigene Schamhaar stolz vor uns herzutragen". Trott möchte mit der "Rentner Aktions-Front" eine neue RAF ins Leben rufen, die mit Handy-Störsendern auf Pausenhöfe von Schulen geht und deren Mitglieder "nicht mehr bereit sind für ein lebenslanges Lernen". Aber alles natürlich als ordentlich eingetragener Verein.

Einer, der gut in diese neue Aktionsfront passen würde, ist Gottlob, dessen Gerda die gemeinsame Ehe eher im Abstiegsmodus gesehen hat und deshalb verschwunden ist.

Was Gottlob, dessen Hose nun bis unter die Achseln reicht, anfangs gar nicht gemerkt hat. "Ich bin in 39 Jahren Ehe nicht einmal fremd gegangen und habe meine Frau nicht einmal geschlagen – doch dafür kriegst du heute keine Dankbarkeit mehr", seufzt ein zutiefst missverstandener kleiner Mann. Und er erinnert sich in zahlreichen Anekdoten an früher: "Damals in der WG haben wir stundenlang diskutiert, warum man als Mann nach vier Millionen Jahren Evolution nun nicht mehr im Stehen pinkeln darf." Aus Protest sei man dann rüber zum Italiener aufs Klo gegangen.

Viel später, so lässt Gottlob das Publikum wissen, habe er dann zu seiner Gerda gesagt, sie müsse lernen, "unsere Ehe auch als Schicksal anzunehmen". In der Bürgerscheune musste hingegen keiner der Besucher mit dem Schicksal hadern, das ihnen knapp zwei vergnügliche Stunden geboten hat. Aber vielleicht sieht der eine oder andere nun die Welt oder seine Ehe mit etwas anderen Augen.
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